In ihrer Rede würdigte Ministerin Hubig die bedeutende Rolle, die Henriette Kretz als Zeitzeugin in der Bildungslandschaft in Rheinland-Pfalz spielt: „Seit über zwanzig Jahren bereichern Sie Schulen und Bildungseinrichtungen mit Ihren eindrucksvollen Berichten über die Vergangenheit. Ihre lebendige und authentische Erzählweise ermöglicht es Schülerinnen und Schülern, sich auf eine besondere Weise mit der Geschichte auseinanderzusetzen. Die zahlreichen positiven Rückmeldungen der Teilnehmenden zeigen, dass diese Begegnungen nicht nur prägend, sondern vor allem auch sehr bereichernd sind.“
Erinnerungs- und Zeitzeugenarbeit haben einen hohen Stellenwert im rheinland-pfälzischen Bildungssystem. Lehrkräfte sind verpflichtet, im Rahmen ihrer Ausbildung mindestens einmal eine KZ-Gedenkstätte zu besuchen, um die Bedeutung der historischen Aufarbeitung zu verstehen und weitergeben zu können. Außerdem besteht seit 2019 die Vorgabe, dass alle Schülerinnen und Schüler mindestens einmal während ihrer Schulzeit eine Gedenkstätte besuchen oder an einem Zeitzeugengespräch teilnehmen. „Liebe Frau Kretz, Sie sind ein leuchtendes Beispiel für das Engagement und die Courage, die wir in der Erinnerungsarbeit anstreben. Ihr unermüdlicher Einsatz, insbesondere in der Begegnung mit jungen Menschen, trägt dazu bei, dass die Lehren aus der Vergangenheit nicht in Vergessenheit geraten“, hob die Bildungsministerin hervor.
Henriette Kretz, 1934 in der heutigen Ukraine geboren, hat durch ihre Publikationen und ihre Teilnahme an zahlreichen Veranstaltungen und Diskussionsformaten einen bedeutenden Beitrag zur pädagogischen Arbeit in Rheinland-Pfalz geleistet. Besonders hervorzuheben sind die Zusammenarbeit mit dem Autor Reiner Engelmann und die Herausgabe des Buches „Hass und Versöhnung“, welches die Begegnung zwischen einer Holocaust-Überlebenden und einem ehemaligen Neonazi thematisiert. Oder auch Kretz’ biografisches Werk „Willst du meine Mutter sein? Eine Kindheit im Schatten der Shoa“. In Zusammenarbeit mit Engelmann, dem Filmemacher Edmund Bohr, dem Pädagogischen Landesinstitut sowie dem Ministerium für Bildung entstand außerdem eine eindrückliche filmische Dokumentation über Kretz’ Leben, welche wertvolle Erkenntnisse zur Auseinandersetzung mit der NS-Diktatur, dem Holocaust sowie den heutigen Herausforderungen für den inneren und äußeren Frieden bietet.
„Frau Kretz ist eine lebendige Brücke zwischen der Vergangenheit und der Zukunft. Ihr Engagement für die Erinnerungskultur und die Förderung demokratischer Werte ist für unsere Gesellschaft, insbesondere in solch unruhigen Zeiten, die auch von wachsendem Antisemitismus geprägt sind, von unschätzbarem Wert. Sie geben wichtige Denkanstöße und Impulse, um Menschenfeindlichkeit zu erkennen und ihr entschieden entgegenzutreten“, betonte Bildungsministerin Hubig.
Am Rande der Veranstaltung überbrachte Bildungsministerin Hubig herzliche Glückwünsche des Landtagspräsidenten Hendrik Hering: „‘Ich bin kein Opfer‘. Diese Worte hat Henriette Kretz ihrem bewegenden Zeitzeugenbericht bei unserem Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus 2019 im Landtag vorangestellt. Ihre Schilderungen von den Erfahrungen während der Nazi-Zeit haben mich und sicherlich viele andere tief berührt und bewegt. Vor allem auch aufgrund solcher Berichte, hat der Landtag seine Anstrengungen, Demokratiebildung und das Gedenken an die Verfolgten der NS-Diktatur zu verknüpfen und besonders junge Menschen für die Demokratie zu begeistern, kontinuierlich ausgebaut. Ich danke Frau Kretz, dass sie bis heute unermüdlich an die jungen Menschen in unserem Land appelliert, für Demokratie, Menschenrechte und Freiheit einzustehen. Zu ihrem runden Geburtstag wünsche ich von ganzem Herzen Gesundheit und alles erdenklich Gute. Vielen Dank für das herausragende und selbstlose Engagement für unsere Gesellschaft und für unsere Demokratie.“
Abschließend bedankte sich Bildungsministerin Hubig für die jahrelange gute Zusammenarbeit: „Liebe Frau Kretz, Ihr Geburtstag ist deshalb auch eine sehr gute Gelegenheit, um Ihnen ein ganz großes Dankeschön zu überbringen! In Zeiten, in denen menschliche und demokratische Werte infrage gestellt werden, ist Ihr Engagement für eine respektvolle, vielfältige und offene Gesellschaft von größter Bedeutung. Mit Ihrem reichen Schatz an Lebenserfahrung und Ihrem nimmermüden Interesse an der Arbeit mit jungen Menschen leisten Sie in unserem Bundesland, an unseren Schulen und weiteren Bildungsorten nach wie vor einen unschätzbaren Beitrag. Herzlichen Dank für Ihr unermüdliches Engagement!“