| Neun-Punkte-Plan für Grundschulen

Mehr Lesen, mehr Schreiben, mehr Rechnen – mehr Chancen: Rheinland-Pfalz stärkt Basiskompetenzen der Grundschulkinder und sorgt für mehr Bildungsgerechtigkeit

„Wir wollen, dass alle Kinder in Rheinland-Pfalz mit gleichen und vor allem guten Chancen in ihre Bildungslaufbahn starten. Dazu brauchen sie ein solides Fundament in den Basiskompetenzen“, sagt Bildungsministerin Dr. Stefanie Hubig. „Die Empfehlungen der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission der Kultusministerkonferenz, der Wissenschaft und unserer Praxis sind Grundlage für einen Neun-Punkte-Plan, mit dem Schulen bei dieser wichtigen Aufgabe unterstützt werden: Mehr Lesen, mehr Schreiben, mehr Rechnen – mehr Chancen. Denn Bildungsgerechtigkeit stellt einen Markenkern sozialdemokratischer Politik dar und hat auch im Koalitionsvertrag eine hohe Bedeutung.“
Von links nach rechts: Pressesprecherin Madeleine Reccius, Bildungsministerin Dr. Stefanie Hubig und Prof. Dr. Gisela Kammermeyer, RPTU Kaiserslautern-Landau, während der Pressekonferenz.
Von links nach rechts: Pressesprecherin Madeleine Reccius, Bildungsministerin Dr. Stefanie Hubig und Prof. Dr. Gisela Kammermeyer, RPTU Kaiserslautern-Landau, während der Pressekonferenz.
Es sind Bildungsministerin Dr. Stefanie Hubig und Prof. Dr. Gisela Kammermeyer, RPTU Kaiserslautern-Landau, während der Pressekonferenz auf dem Podium zu sehen
Bildungsministerin Dr. Stefanie Hubig und Prof. Dr. Gisela Kammermeyer, RPTU Kaiserslautern-Landau, während der Pressekonferenz

Jedes Kind, egal woher es kommt, was es mitbringt und welchen Weg es später einmal einschlägt, soll hier die beste Förderung erhalten. Die Basiskompetenzen stellen dabei nicht nur die Grundlage für alle weiteren schulischen Inhalte dar, sondern auch für die selbstbestimmte Entwicklung und Entfaltung der eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten. Damit sind sie maßgeblich für jede Bildungs- und Lebensbiographie.

Im jüngsten IQB-Bildungstrend haben die Leistungen der Schülerinnen und Schüler in ganz Deutschland abgenommen. Das ist nicht hinnehmbar. Rheinland-Pfalz konnte seine Ergebnisse zwar trotz der Corona-Pandemie und entgegen dem Bundestrend stabil halten, aber die Ergebnisse sind nicht zufriedenstellend. „Um das Lernen beim Lesen, Schreiben und Rechnen weiter zu stärken, haben wir deshalb Maßnahmen erarbeitet, die unsere Grundschulen stärken. Mehr Lernzeit, regelmäßige Lernstandserhebungen und mehr individuelle Förderung auf wissenschaftlicher Basis in Deutsch und Mathematik sollen am Ende zu mehr Bildungsgerechtigkeit beitragen. Ich bin sicher, dass wir dieses Ziel dank der hervorragenden Arbeit, die schon jetzt tagtäglich an unseren Grundschulen geleistet wird, in Kombination mit dem neuen Maßnahmenpaket erreichen werden.“

Gezielte Unterstützung ausbauen, wo sie gebraucht wird

Gezielte Unterstützung gibt es dort, wo es besonders nötig ist: Deshalb wird das Land an das bisherige Corona-Aufholprogramm für Schulen in herausfordernder Lage im nächsten Schuljahr anschließen. In diesem Anschlussprogramm stellen wir den Schulen 14,5 Millionen Euro zur Verfügung, um zusätzliches Personal anzustellen, das über den Stundenplan hinausgehende Förderung anbieten kann. „Wir knüpfen dabei an die erfolgreichen Maßnahmen aus dem Corona-Aufholprogramm an und bauen auf die dort gemachten Erfahrungen auf“, so die Ministerin. Um die Schülerinnen und Schüler umfassend zu unterstützen, gibt es beispielsweise mit den additiven Lernangeboten, die Schulen in Kooperation mit den Volkshochschulen anbieten können, sowohl Förderangebote zur Stärkung der Basiskompetenzen als auch zusätzliche sozialpädagogische Unterstützungsangebote für die Persönlichkeitsentwicklung.

Die Schulsozialarbeit an Grundschulen in sozial herausfordernder Lage wird gestärkt: Spracherwerb und die Entwicklung fachlicher, überfachlicher sowie sozial-emotionaler Kompetenzen findet auch außerhalb des Unterrichts statt. Die Fachkräfte der multiprofessionellen Teams an Schulen unterstützen die Schülerinnen und Schüler neben dem Unterricht in ihrer Persönlichkeitsentwicklung und schaffen zahlreiche Gelegenheiten für non-formales und informelles Lernen. Zur Stärkung der multiprofessionellen Teams an Schulen stellt das Land den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe in den Jahren 2023 und 2024 zusätzlich zum Unterstützungsfonds insgesamt 2,5 Millionen Euro für die Förderung von Schulsozialarbeit an Grundschulen zur Verfügung.

Schon im kommenden Schuljahr starten zudem die ersten Familiengrundschulzentren. Sie entstehen unter dem Namen „FamOS“ ab dem Sommer voraussichtlich in zwei rheinland-pfälzischen Städten. „Die Grundidee ist, die Bildungs- und Beratungsangebote der Schulen, der Jugendhilfe sowie der kommunalen und freien Träger unter einem Dach zu bündeln. Und zwar sowohl für die Schülerinnen und Schüler als auch für ihre Eltern – insbesondere in jenen herausfordernden Lagen, in denen besondere Unterstützung benötigt wird“, erläutert Hubig.

Fokus auf Kernkompetenzen

„Weil Sprache der Schlüssel zu allem anderen ist, legen wir genau darauf den Schwerpunkt. Damit die Sprachentwicklung auch der Kinder, die keine Kita besuchen, zuverlässig im Blick bleibt, soll die Schulanmeldung in einem ersten Schritt künftig früher erfolgen. Damit verbunden kann auch der Sprachstand bereits 1,5 Jahre vor Eintritt in die Schule – und damit früher als bisher – erhoben werden. Denn: Je früher der Sprachstand festgestellt wird, desto früher können Fördermaßnahmen greifen.“ Dazu soll das etablierte und bewährte Verfahren zur Einschätzung des Sprachförderbedarfs unter wissenschaftlicher Begleitung auf jüngere Kinder angepasst werden. Wird ein Sprachförderbedarf festgestellt, wird mit den Eltern gesprochen, dass das Kind die Kita besucht und damit an sprachlicher Bildung und Sprachförderung teilnimmt. Die Schule kann die Sprachförderung in der Kita auch anordnen. Hier schließt erneut das Programm „Mit Kindern im Gespräch“ an, das auch an den Kitas im Einsatz ist und so Kita und Grundschule miteinander verzahnt.

„Zu den Maßnahmen gehört zudem eine Stunde mehr Deutsch in der Grundschule, die ab dem Schuljahr 2024/25 regelhaft in der 2. Klasse erteilt werden soll. Damit folgt Rheinland-Pfalz einer Empfehlung der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission der Kultusministerkonferenz (SWK). Dafür werden wir zusätzlich 80 Stellen für Grundschullehrkräfte zur Verfügung stellen“, so Hubig. Neben einer täglichen Rechtschreibzeit und einer täglichen Kopfrechenzeit, die es jetzt schon in vielen Schulen gibt, soll die Lernzeiterweiterung in Deutsch genutzt und eine tägliche verbindliche Lesezeit – ein sogenanntes „Leseband“ – fest verankert werden.

Alle Grundschulen haben die Materialien des erfolgreichen Programms „Mit Kindern im Gespräch“ erhalten, das von der Pädagogin Prof. Dr. Gisela Kammermeyer von der RPTU Kaiserslautern-Landau entwickelt wurde. „Die aktualisierten Materialien sind unter wissenschaftlicher Begleitung erarbeitet, von Unterrichtspraktikerinnen und -praktikern erprobt und werden den Unterricht unterstützen“, so Hubig. Das Programm, dessen Einsatz von der SWK in ihrem Grundschulgutachten ausdrücklich empfohlen wird, ist bereits im Einsatz an rheinland-pfälzischen Grundschulen und Kitas, nun soll es weiter ausgebaut werden.

Es gelte zudem zukünftig: „Erst Deutsch, dann Fremdsprache“. Statt wie bisher ab Klassenstufe 1 wird das frühe Englisch bzw. Französisch ab Klassenstufe 3 einsetzen, dafür aber dann mit zwei statt bisher einer Wochenstunde. So kann der fachliche Charakter des Fremdsprachenunterrichts gestärkt und gleichzeitig der Deutschunterricht in der Eingangsstufe der Grundschule ausgebaut werden.

Auf alle Schulen ausgeweitet werden die Programme „Lesen macht stark“ und „Mathe macht stark“. Mit ihnen hatte Rheinland-Pfalz bereits nach dem letzten IQB-Bildungstrend den Einstieg vollzogen in diese Form der regelmäßigen Lernstands-
erhebungen, die mit Material für die konkrete individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler verbunden sind. Im kommenden Schuljahr erhalten nun alle Schulen die neuen Materialien und Fortbildungen. Ab dem Schuljahr 2024/2025 erfolgt der Einsatz der Programme dann flächendeckend. „Diese Programme sind sehr erfolgreich und werden von den Lehrkräften geschätzt; sie an allen Grundschulen zu nutzen, ist ein weiterer großer und wichtiger Schritt, um die Basiskompetenzen unserer Grundschülerinnen und Grundschüler zu stärken und gleichzeitig die Lehrkräfte zu entlasten.“ Damit knüpft der neue Plan an Maßnahmen wie dem verpflichtend eingeführten Grundwortschatz an, die in der Vergangenheit mit Vertreterinnen und Vertretern von Lehrkräften und Eltern an einem runden Tisch erarbeitet worden sind.

„Wir wissen, dass all diese Maßnahmen für unsere Grundschulen einen umfangreichen Veränderungsprozess darstellen. Deshalb setzen wir die Maßnahmen gestaffelt um und werden die Schulen auf ihrem Weg natürlich eng begleiten und unterstützen“, sagt die Bildungsministerin. Bei allen Projekten geht es vor allem darum, für das Fach Deutsch und die Basiskompetenzen Lesen, Schreiben und Zuhören zusätzlichen Raum und Unterstützung im Unterrichtsalltag zu schaffen. Trotz dieses Maßnahmenpakets sei aber auch klar: „Unsere Schulen und unsere Lehrkräfte können diese gewaltige und gesamtgesellschaftliche Herausforderung nicht alleine lösen. Wir alle – Bund, Land, Kommunen, Eltern, Vereine – müssen einen Teil dazu beitragen, um die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern – nicht als Selbstzweck, sondern für jedes einzelne Kind und eine gute gesamtgesellschaftliche Entwicklung.“ Für ein Mehr an Chancen, mehr Bildungsgerechtigkeit und mehr soziale Gerechtigkeit.

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