Um einem Lehrkräftemangel an rheinland-pfälzischen Grundschulen zielgerichtet entgegenzusteuern, hat das Bildungsministerium erste Maßnahmen getroffen. Verschiedene Ansätze und Überlegungen wurden auch bei einer Sitzung der Bildungsministerin mit dem Hauptpersonalrat dargestellt, in dem die GEW vertreten ist.
Konkret praktiziert Rheinland-Pfalz nun die ganzjährige flexible Einstellung auf Planstellen. Das heißt, die Schulaufsicht kann auf Bedarfe hin flexibel reagieren und Lehrkräfte einstellen, wenn eine Lehrkraft ausscheidet. Bisher war das an allgemeinbildenden Schulen in der Regel nur zum 1. Februar und zum Schuljahresbeginn möglich. Dazu wurde der landesweite Vertretungslehrerpool von 800 auf 1.000 Beamtinnen und Beamte aufgestockt. Alleine 370 davon stehen – zusätzlich zu den mittlerweile 142 sogenannten ‚Feuerwehrlehrkräften‘ – den Grundschulen zur Verfügung.
Neben einer Intensivierung der Werbung für das Grundschullehramt bei Abiturjahrgängen und unter Studierenden, gehört zu den weitergehenden Überlegungen, Lehrkräften aus anderen Schularten, die an einer Grundschule vertreten, zusätzliche Fort- und Weiterbildungen zu ermöglichen. Außerdem könnten die Möglichkeiten einer Wechselprüfung für das Grundschullehramt ausgebaut werden. Überprüft wird derzeit, ob der Quereinstieg, der in anderen Schularten bereits erfolgreich praktiziert wird, für das Grundschullehramt eine Option ist.
„Vieles von dem, was wir heute in der Personalgewinnung anstoßen, wird erst morgen oder übermorgen wirken. Wir werden nicht alle Problem auf einmal lösen können, aber wir sind in Rheinland-Pfalz auf einem guten Weg“, so Bildungsministerin Hubig weiter.
Entkoppelt von dieser bundesweiten Problemstellung ist der Grundschulbereich in Rheinland-Pfalz grundsätzlich sehr gut aufgestellt – gerade im Vergleich zu anderen Bundesländern.
Zuletzt alle Planstellen für das Grundschullehramt besetzt
Anders als in anderen Bundesländern hat Rheinland-Pfalz im Schuljahr 2016/2017 alle an Grundschulen zur Verfügung stehenden 507 Beamtenstellen mit 521 ausgebildeten Grundschullehrkräften in Teil- und Vollzeit besetzt.
„Die Planstellen haben wir mit voll ausgebildeten Grundschullehrkräften besetzt. Viele davon mit Lehrerinnen und Lehrern, die zuvor bereits einen Vertretungsvertrag an einer Grundschule hatten. Ich kann die Kritik der GEW daran nicht nachvollziehen, zumal die Gewerkschaft ansonsten nachvollziehbarerweise fordert, dass wir Vertretungskräften eine Planstelle bieten. Diese Lehrkräfte sind in die Schulgemeinschaft integriert und vielerorts durch die Vertretungstätigkeit bereits wichtige Ansprechpartnerinnen und -partner für Kinder, Eltern und ihre Kolleginnen und Kollegen“, so die Ministerin.
Es kommt aber vor, dass eine Vertretungsstelle nicht besetzt werden kann. Zu Beginn des Schuljahres war das in 20 von 7.434 Grundschulklassen der Fall. Hier reagiert die Schulaufsicht in enger Zusammenarbeit mit den Schulen und besetzt die betroffenen Stellen schnellstmöglich nach.
Kleinste Grundschulen und Grundschulklassen im Bundesvergleich
Durch Absenkung der Klassenmesszahl auf 24 und den bisherigen allgemeinen Rückgang der Schülerzahlen sind aktuell durchschnittlich 18,5 Schülerinnen und Schüler in einer rheinland-pfälzischen Grundschulklasse. Vor zehn Jahren lag dieser Wert noch bei 21,7 Kindern. Bei Überschreitungen der Klassenmesszahl handelt es sich um Einzelfälle, die meist aus plötzlich auftretenden Vertretungsbedarfen oder aus Raumnot resultieren und in der Regel auch schnell wieder behoben werden.
„Im direkten Ländervergleich steht Rheinland-Pfalz sehr gut da, wir haben mit Hamburg die kleinsten Grundschulklassen und mit Sachsen-Anhalt die kleinsten Grundschulen bundesweit. Das ist eine aktive Entlastung der Lehrerinnen und Lehrer“, betont die Bildungsministerin. Und weiter: „Trotz der über lange Zeit sinkenden Schülerzahlen im Grundschulbereich haben wir in Rheinland-Pfalz in den vergangenen Jahren Lehrerstellen aufgebaut.“
Derzeit gibt es im Landeshaushalt insgesamt 7.760 Vollzeitstellen an Grundschulen, bei knapp 138.000 Schülerinnen und Schülern. Im Jahr 2008 standen bei 156.000 Schülerinnen und Schülern landesweit nur 7.530 Stellen zur Verfügung.
Sehr gute Unterrichtsversorgung
Die Grundschulen im Land haben seit Jahren die besten Werte bei der strukturellen Unterrichtsversorgung aller Schularten. Im laufenden Schuljahr liegt die Versorgungsquote bei 99,4 Prozent.
In Rheinland-Pfalz wird bei der Stundenplanung nicht nur die Erteilung des Pflichtunterrichts berücksichtigt, sondern auch Stunden, die die Schule für Differenzierungs- und Zusatzangebote wie Fördermaßnahmen und Arbeitsgemeinschaften vorgesehen hat. Damit unterscheidet sich die Lehrerzuweisung in Rheinland-Pfalz auch vom Vorgehen vieler anderer Bundesländer. Die 100-Prozent-Marke bei der strukturellen Unterrichtsversorgung liegt in Rheinland-Pfalz – im Unterschied zu anderen Ländern – deutlich über der Summe der Pflichtstunden nach den Stundentafeln. Rheinland-Pfalz legt Wert darauf, dass Schule mehr ist als der Pflichtunterricht. Klar ist aber auch, dass die Schulen beim Einsatz ihrer Lehrkräfte den Pflichtunterricht vorrangig abdecken müssen.
Entlastungen und Aufwertung der Leitungsfunktionen an Grundschulen
Um die Lehrkräfte in Leitungsfunktionen zu entlasten und ihre Tätigkeit aufzuwerten, hat Rheinland-Pfalz ihnen den Rücken gestärkt. So wurde den Schulleitungen mehr Zeit für Verwaltungsaufgaben eingeräumt. Außerdem ist das Fortbildungsangebot für Schulleitungen ausgebaut, um sie dadurch in der täglichen Arbeit zu unterstützen, und ihre Bezahlung angehoben worden: An allen Grundschulen wird die Schulleitung mindestens nach der Besoldungsstufe A 13, an größeren Schulen nach A 14 bezahlt. Grundschullehrkräfte werden in allen Bundesländern nach A 12 – oder der vergleichbaren Entlohnung bei Beschäftigten – bezahlt. Die Zahlen der unbesetzten Funktionsstellen in den Grundschulleitungen schwanken, aktuell sind es unter 80. Wie die GEW auf ihre weitaus höhere Zahl kommt, ist für das Bildungsministerium nicht nachvollziehbar.
Herausforderung Integration
„Wir wissen, dass die Schulen immer wieder vor neuen Herausforderungen stehen, die die Gesellschaft an sie heranträgt. Aktuellstes Beispiel dafür ist die Integration der Kinder aus Flüchtlingsfamilien. Die Grundschulen haben als Orte, an denen viele Flüchtlingskinder ihre ersten Bildungs- und Sozialisationserfahrungen mit Gleichaltrigen in Deutschland machen, eine zentrale Bedeutung für eine gelingende Integration. Solche Anforderungen gehen wir mit den Lehrerinnen und Lehrern, den Schulträgern und den zuständigen Personalräten gemeinschaftlich an“, so Ministerin Hubig.
Die Zahl der Deutsch-Intensivkurse an allgemeinbildenden Schulen wurde innerhalb eines Jahres mehr als verdreifacht – auf aktuell 544 Kurse, davon 224 an Grundschulen. Mehr als 550 Vollzeitstellen setzt das Land an den allgemeinbildenden Schulen für die Sprachförderung ein – 97 Vollzeitstellen alleine an Grundschulen.
„Insgesamt arbeiten über 10.000 Lehrerinnen und Lehrer in den rheinland-pfälzischen Grundschulen – und sie machen ihre ohne Zweifel wichtige und anspruchsvolle Arbeit hervorragend. Unsere Grundschullehrerinnen und -lehrer legen die Fundamente für den weiteren Bildungsweg der Schülerinnen und Schüler“, so Bildungsministerin Dr. Stefanie Hubig abschließend.