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Grundschulen in der Fläche dauerhaft und für die Zukunft gut aufstellen – mit Augenmaß und im Dialog

„Wir wollen unsere Grundschulen für die Zukunft gut aufstellen und ein wohnortnahes, pädagogisch wertvolles Angebot langfristig sicherstellen. Maßgeblich bleibt der Grundsatz ‚Kurze Beine, kurze Wege‘“, sagte Bildungsministerin Dr. Stefanie Hubig heute bei der Vorstellung eines Entwurfs von „Leitlinien für ein wohnortnahes Grundschulangebot“.

Leitlinien konkretisieren Schulgesetz 

Nach dem Schulgesetz müssen Grundschulen mindestens eine Klasse je Klassenstufe umfassen. Nicht mehr alle Grundschulen in Rheinland-Pfalz erreichen diese Mindestgröße. Im Schuljahr 2016/2017 haben von den 964 Grundschulen 49 nur eine oder zwei Klassen – an der kleinsten lernen sieben Schülerinnen und Schüler, an der größten der zweiklassigen Grundschulen 43 Schülerinnen und Schüler.

Ausnahmen von der Mindestgröße sind zulässig, wenn diese nur vorübergehend nicht erreicht wird oder in „besonderen Fällen“. Der Landesrechnungshof hatte die Landesregierung – zuletzt 2016 – aufgefordert, ein Konzept zu entwickeln, um diese besonderen Fälle im Dialog mit den Schulträgern zu prüfen. Dieser Auftrag wurde auch im Koalitionsvertrag verankert. Das Bildungsministerium hat nun gemeinsam mit der Schulaufsicht „Leitlinien für ein wohnortnahes Grundschulangebot“ erarbeitet, um das Verfahren und die Kriterien verlässlich zu bestimmen.

„Die Leitlinien konkretisieren das Schulgesetz. Sie ermöglichen es, Einzelfälle transparent, nachvollziehbar und unter Berücksichtigung der lokalen Gegebenheiten zu betrachten. Wie auch bei den Leitlinien für die Realschulen plus, setzen wir auf den bewährten rheinland-pfälzischen Weg, unser Schulsystem besonnen und im Dialog mit den Beteiligten weiterzuentwickeln“, betonte die Bildungsministerin. 

Der heute vorgestellte Entwurf der Leitlinien wird den kommunalen Spitzenverbänden, den Interessenvertretungen der Lehrkräfte und Schulleitungen sowie den Eltern- und Schülervertretungen übersandt. Sie alle haben die Möglichkeit, bis Ende Februar Anregungen vorzutragen. Die Leitlinien sollen anschließend voraussichtlich ab Frühjahr 2017 angewendet werden.

Entschieden entgegen trat Hubig einem von manchen heraufbeschworenen „Schulschließungsprogramm im Gießkannenprinzip“: „Das Gegenteil ist der Fall: Wir haben ein individuelles, an regionalen Bedürfnissen orientiertes Verfahren gewählt, bei dem Schulträger und Schulgemeinschaft eingebunden werden.“

„Kurze Beine, kurze Wege“ gilt – Jeden Einzelfall betrachten

„Bei der Entwicklung der Leitlinien sind wir mit Augenmaß vorgegangen“, unterstrich Stefanie Hubig. Nach dem derzeitigen Entwurf werden nur 49 der aktuell 964 Grundschulen im Land überhaupt in den Blick genommen. An diesen werden die vier Klassenstufen in höchstens zwei Klassen unterrichtet. Grundschulen mit drei Klassen werden von der Prüfung von vorneherein ausgenommen, da es nicht unwahrscheinlich ist, dass sie die Mindestgröße nur vorübergehend nicht erreichen. 

Die Leitlinien sehen vor, dass die Schulträger, die die Situation vor Ort am besten kennen, innerhalb eines halben Jahres eigene Konzepte vorlegen, wie vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung langfristig ein Angebot geschaffen und erhalten werden kann, das den Vorgaben des Schulgesetzes entspricht. Die Schulaufsicht unterstützt sie dabei und wird die Konzepte auf ihre Tragfähigkeit überprüfen. Im Anschluss entscheidet sie, ob eine Schule weitergeführt werden kann.

Es wird bei jeder Prüfung darauf geachtet, dass die Kleinsten kurze Schulwege haben, die nächste Grundschule gut zu erreichen und die Schülerbeförderung gesichert ist. Ferner wird die Aufnahmekapazität benachbarter Grundschulen berücksichtigt sowie das regionale Angebot an Schwerpunkt- und Ganztagsgrundschulen. 

„Wir wollen Grundschulen, da wo es möglich ist, dauerhaft sichern, aber auch dort, wo dies aufgrund stark rückläufiger Schülerzahlen nicht möglich ist, umsichtige, tragbare Alternativen aufzeigen“, so die Bildungsministerin. Dies ist in Rheinland-Pfalz aufgrund seines sehr dichten Netzes an Grundschulen gut möglich. Und wo Ausnahmen nötig sind, werden diese auf Basis der Leitlinien ermöglicht. 

Mindestgröße aus verschiedenen Gründen sinnvoll

Dass Grundschulen eine Mindestgröße haben, ist sinnvoll. Auch sehr kleine Schulen können Vorteile haben, aber sie stoßen schulorganisatorisch an Grenzen, etwa bei Vertretungssituationen oder bei pädagogischen Differenzierungs- und Zusatzangeboten. Die Lehrkraft an einer sehr kleinen Grundschule ist in verschiedenen Funktionen und Aufgaben stark gebunden. Größere Grundschulen haben hingegen mehr Handlungsspielraum bei der Gestaltung des pädagogischen Angebotes und des Schullebens, etwa in Hinblick auf Arbeitsgemeinschaften, Schulfeste oder auf die Einrichtung eines Ganztags- oder Schwerpunktschulangebots. Lehrkräfte können sich untereinander austauschen, Schulleitungen haben Unterstützungsstrukturen, was auch die Attraktivität solcher Stellen erhöht. Schülerinnen und Schüler lernen ein vielfältiges soziales Miteinander kennen. Ressourcen können effizienter eingesetzt werden. 

„Wir tun das, was strukturell geboten, pädagogisch sinnvoll und in einem Flächenland demografisch nachhaltig und effizient ist. Unser Ziel ist es, langfristig sicherzustellen, dass junge Menschen überall in Rheinland-Pfalz gut ausgebildet und Ressourcen verantwortungsvoll eingesetzt werden. Unsere Grundschulen legen hierfür den Grundstein und wir wollen, dass sie dafür dauerhaft gute Rahmenbedingungen haben“, hielt Bildungsministerin Hubig abschließend fest.

Hintergrundinformation:

Die Landesregierung hat in den letzten Jahren bereits Maßnahmen ergriffen, um Grundschulstandorte auch bei zurückgehenden Schülerzahlen zu erhalten, darunter die Absenkung der Klassenmesszahl von 30 auf 24 Schülerinnen und Schüler pro Klasse (womit Rheinland-Pfalz mit Hamburg zusammen die kleinste Klassenmesszahl an Grundschulen bundesweit hat). Weiterhin können Schulen den Unterricht klassenübergreifend organisieren und es gibt die Möglichkeit, dass eine Grundschule unter einer Schulleitung an mehreren Standorten bestehen kann. Gleichwohl erreichten trotz dieser Maßnahmen nicht mehr alle Grundschulen die durch das Schulgesetz vorgegebene Mindestgröße von mindestens einer Klasse je Klassenstufe. 

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