„Die CDU betreibt Symbolpolitik und zieht die falschen Schlüsse mit ihrem Gesetzesentwurf. Nicht das Schulgesetz und die darin geforderte Mindestzügigkeit haben dazu geführt, dass einige Grundschulen nur noch eine oder zwei Klassen haben. Grund ist der demografische Wandel. Verantwortungsbewusste Politik muss hierauf eine Antwort geben – und das tun wir. Wir brauchen Schulstandorte, die dauerhaft gute und zuverlässige Angebote machen können. Dazu müssen die Schulträger Konzepte entwickeln, die auf die Gegebenheiten vor Ort zugeschnitten sind. Der Vorschlag der CDU bringt keinerlei Veränderung vor Ort. Im Gegenteil: Er sieht noch nicht einmal eine Untergrenze vor. Mit dem Gesetzesentwurf könnten zukünftig Grundschulen mit drei Kindern geführt werden. Das ist keine Lösung. Das ist verantwortungslos“, erklärte die Bildungsministerin.
Für die 41 kleinsten Grundschulen, die zur Überprüfung anstehen, geht es jetzt darum, dass die Schulträger dieses Konzept für ein zukunftsfähiges Grundschulangebot erarbeiten. „Jedes dieser Konzepte wird individuell geprüft. Und überprüfen bedeutet nicht gleich schließen“, sagte die Bildungsministerin. „Auch für Standorte, an denen Schulen aufgehoben werden, übernimmt die Landesregierung Verantwortung. Das Sozial- und das Innenministerium haben zugesagt, dass sie gemeinsam mit dem Bildungsministerium daran arbeiten werden, gute Lösungen für die sinnvolle Anschlussnutzung und Weiterentwicklung von Schulgebäuden für Gemeinschaftszwecke zu finden“, sagte Stefanie Hubig und betonte: „Für alle Schülerinnen und Schüler, die künftig an andere Schulstandorte zur Grundschule gehen, gilt nach wie vor der Grundsatz ‚Kurze Beine – kurze Wege‘. Wir wollen, dass unsere Jüngsten möglichst kurze Schulwege haben.“
Zudem verwies Stefanie Hubig darauf, dass sich die Schullandschaft schon immer an gesellschaftlichen Veränderungen orientiert habe. „Von 1970 bis 1981 wurden unter einer CDU-geführten Landesregierung 840 Grund- und Hauptschulen geschlossen. In den vergangenen zehn Jahren haben Schulträger in eigener Verantwortung 27 Grundschulen geschlossen. Und ganz aktuell hat sich die VG Kell am See im Landkreis Trier-Saarburg – übrigens auch mit einem CDU-Bürgermeister – für die Aufhebung von zwei von vier Grundschulen entschieden“, sagte die Ministerin.
„Unsere Leitlinien ermöglichen eine Überprüfung kleinster Schulstandorte mit Augenmaß und mit Blick auf die individuellen regionalen Gegebenheiten. Wir wollen in ganz Rheinland-Pfalz ein wohnortnahes und zukunftsfestes Grundschulangebot sichern und unseren Schülerinnen und Schülern dabei dauerhaft gute Bildung ermöglichen. Wir übernehmen Verantwortung in Zeiten des demografischen Wandels“, so die Bildungsministerin abschließend.
Hintergrundinformationen
Laut Schulgesetz müssen Grundschulen mindestens eine Klasse je Klassenstufe umfassen. Nicht mehr alle Grundschulen in Rheinland-Pfalz erreichen diese Mindestgröße. Im Schuljahr 2016/2017 haben von den 964 Grundschulen 49 nur eine oder zwei Klassen – an der kleinsten lernen sieben Schülerinnen und Schüler, an der größten der zweiklassigen Grundschulen 43 Schülerinnen und Schüler. Da acht der kleinsten Schulen perspektivisch wieder von mehr Kindern besucht werden, werden insgesamt 41 kleine Grundschulen überprüft.
Ausnahmen von der Mindestgröße sind zulässig, wenn diese nur vorübergehend nicht erreicht wird oder in „besonderen Fällen“. Der Landesrechnungshof hatte die Landesregierung – zuletzt 2016 – aufgefordert, ein Konzept zu entwickeln, um diese besonderen Fälle im Dialog mit den Schulträgern zu prüfen. Dieser Auftrag wurde auch im Koalitionsvertrag verankert.
Das Bildungsministerium hatte gemeinsam mit der Schulaufsicht „Leitlinien für ein wohnortnahes Grundschulangebot“ erarbeitet und diese im Januar 2017 im Bildungsausschuss des rheinland-pfälzischen Landtags vorgestellt. Der Entwurf der Leitlinien wurde im Anschluss im Rahmen eines informellen Anhörungsverfahrens den kommunalen Spitzenverbänden, den Interessenvertretungen der Lehrkräfte und Schulleitungen sowie den Eltern- und Schülervertretungen übersandt. Zum Ende des Verfahrens Ende Februar 2017 lagen insgesamt elf Stellungnahmen vor, die unter anderem von den kommunalen Spitzen oder dem Hauptpersonalrat Grundschule verfasst wurden, und zum Teil Eingang in die verabschiedete Fassung der Leitlinien gefunden haben.
Die verabschiedete Fassung der Leitlinien wurde am 22. März 2017 den Schulträgern der betroffenen Schulen während einer zentralen Informationsveranstaltung in Mainz vorgestellt. Gleichzeitig erhielt sie der Bildungsausschuss des rheinland-pfälzischen Landtags. Bis Ende September 2017 haben die Schulträger der betroffenen Schulen jetzt Zeit, Konzepte für ihren Schulstandort zu erarbeiten und bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion in Trier (ADD) vorzulegen. Im Anschluss beginnen das Prüfverfahren und die Entscheidung darüber, welche Schulen bestehen oder aufgehoben werden. Sollte es zu einer Aufhebung kommen, erfolgt diese zum Schuljahr 2018/19.
Hinweis: Rheinland-Pfalz hat ein dichtes Grundschulnetz. Die Klassenmesszahl für Grundschulen liegt in Rheinland-Pfalz bei 24 Schülerinnen und Schülern. Tatsächlich besuchen im Durchschnitt 18,5 Kinder eine Grundschulklasse. Damit sind wir im bundesweiten Vergleich unter den Spitzenreitern. Zudem hat Rheinland-Pfalz im Bundesschnitt mit 140 Schülerinnen und Schülern pro Grundschule sehr kleine Grundschuleinheiten. Nur Sachsen-Anhalt hat mit 138 Kindern pro Grundschule noch kleinere Einrichtungen.