Unterrichtsversorgung - Was ist das eigentlich?
Eine Schule hat eine gute Unterrichtsversorgung, wenn sie genügend Lehrerinnen und Lehrer einsetzen kann, um ihre Schülerinnen und Schüler zu unterrichten. Das klingt einfacher als es ist.
Um das geplante Unterrichtsangebot in einer Schule abdecken zu können, muss von der Schulaufsicht vieles unter einen Hut gebracht werden. Dazu gehört grundsätzlich die Zahl der an der Schule vorhandenen Lehrkräfte unter Berücksichtigung ihrer Fachqualifikation. Für die konkrete Personalzuweisung ausschlaggebend sind:
- die voraussichtliche Zahl der Schülerinnen und Schüler sowie
- der Klassen und Lerngruppen in einer Schule in einem bevorstehenden Schuljahr,
- die Differenzierungen wie z. B. die Bildung zusätzlicher Lerngruppen aufgrund einer unterschiedlichen Sprachenfolge oder verschiedener Religionszugehörigkeiten von Schülerinnen und Schülern oder aber auch im Fach Sport aufgrund geschlechtergetrennter Angebote,
- Förderangebote über den Pflichtunterricht hinaus und
- die voraussichtliche Zahl der Schülerinnen und Schüler, die an einem Ganztagsschulangebot der Schule teilnehmen werden.
Daher gibt es für jede Schulart entsprechende Formeln, mit denen das so genannte Lehrerwochenstunden-Soll ermittelt wird. Dem gegenüber steht das so genannte Lehrerwochenstunden-Ist. Dies ist die Summe an Unterrichtsstunden, die eine Schule mit den ihr zur Verfügung stehenden Lehrkräften abdecken kann.
Weitere Faktoren, die die Unterrichtsversorgung beeinflussen, sind:
- die Zahl der verfügbaren Fachlehrkräfte auf dem Lehrkräftearbeitsmarkt,
- die unterschiedliche Bewerberlage in den einzelnen Regionen,
- die Noten der einzelnen Bewerberinnen und Bewerber
(im Vergleich mit Lehrkräften, die dieselbe Fachausbildung haben) und - die Zahl der bereitstehenden Stellen.
Die „strukturelle Unterrichtsversorgung“ gibt an, zu wie viel Prozent das Lehrerwochenstunden-Soll, das 100 Prozent entspricht, tatsächlich erreicht wird. In Rheinland-Pfalz werden – anders als in anderen Bundesländern – bei der Festlegung des Stunden-Solls der Schulen übrigens nicht nur die Pflicht-Unterrichtsstunden nach den jeweiligen Stundentafeln berücksichtigt, sondern auch zusätzlich vorgesehene Differenzierungs- und Förderangebote eingerechnet.
Beispiele aus der Praxis sollen dies verdeutlichen:
Einer Realschule plus mit rund 500 Schülerinnen und Schülern stehen nach der Formel für die Sekundarstufe I grundsätzlich rund 800 Lehrerwochenstunden zur Umsetzung der Pflichtstundentafeln und für weitere Differenzierungen als Lehrerwochenstunden-Soll zu. Die exakte Höhe dieses Solls ist dabei von der genauen Zahl der Schülerinnen und Schüler sowie von der Verteilung auf die einzelnen Jahrgänge abhängig.
In der Praxis der Unterrichtsversorgung erhöht sich die Zahl der Zuweisung noch. So erhalten Realschulen plus mit rund 500 Schülerinnen und Schülern im Durchschnitt rund 850 Lehrerwochenstunden als Soll angerechnet. Dabei unterscheidet sich der genaue Umfang der Zusatzstunden, die für schuleigene Förderkonzepte eingesetzt werden können, je nach der individuellen Situation der Schule.
In der Vorbereitung eines Schuljahres weist die Schulaufsicht der beschriebenen Realschule plus tatsächlich 825 Lehrerwochenstunden zu. Die strukturelle Unterrichtsversorgung der Schule liegt damit bei knapp 97 Prozent. Die Soll-Ist-Differenz hat damit in etwa den Umfang einer vollen Lehrerstelle. Bei einem strukturellen Defizit in dieser Höhe sind keine Kürzungen am Pflichtunterricht notwendig.
Die Klassenstufe 8 an einem Gymnasium hat 108 Schülerinnen und Schüler. Daraus werden 4 Klassen zu je 27 Schülerinnen und Schülern gebildet. Jede dieser Klassen hat eine Pflichtstundenzahl laut Stundentafel von 30 Unterrichtsstunden pro Woche. Entsprechend der Formel für das Lehrerwochenstunden-Soll stehen jeder dieser Klassen genau 32 Lehrerwochenstunden zur Verfügung. Das heißt, pro Klasse können 2 Lehrerwochenstunden für Differenzierungen oder Fördermaßnahmen eingesetzt werden.
In den Jahrgangsstufen 11 bis 13 hat ein Gymnasium jeweils 90 Schülerinnen und Schüler, in der gesamten gymnasialen Oberstufe also 270 Schülerinnen und Schüler. Damit beträgt das Lehrerwochenstunden-Soll für die gesamte Oberstufe insgesamt 509 Lehrerwochenstunden.
Entsprechend dieser Planungsgrundlage weist die Schulaufsicht die Lehrkräfte zu und die Schule richtet ihre Grund- und Leistungskurse ein. Diese Planung kann sich allerdings während der Sommerferien verändern, z.B. verlassen 2 Schüler diese Schule, weil ihre Eltern umziehen. Die Gesamtgröße der Oberstufe sinkt somit auf 268 Schülerinnen und Schüler. Damit liegt das durch die Formel vorgegebene Soll für die Oberstufe um 3 Lehrerwochenstunden niedriger bei 506 Lehrerwochenstunden. Das bedeutet in der Realität: Die Schule muss auf die kleinere Schülerzahl reagieren.Es gibt die Möglichkeit, die Zahl der Kurse zu reduzieren und kleinere Kurse zusammenzulegen oder die Stundenzahl in den verschiedenen Kursen zu kürzen. In der Praxis kam es aber auch schon vor, dass Angebote in der Sekundarstufe I gekürzt und die so zur Verfügung stehenden Lehrerwochenstunden in die Oberstufe verlagert wurden.